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Die Kruckeler Kleinzechen


    
Als nach Kriegsende die Alliierten die erst langsam wieder anlaufende Förderung der Ruhrzechen für sich beanspruchten, mussten die Kommunen und Industriebetriebe zusehen, wie sie an den begehrten Brennstoff Steinkohle kamen. Da im Süden des Ruhrreviers die Flöze an der Erdoberfläche ausstreichen und hier oft Sicherheitspfeiler belassen worden waren, gingen Berg- und Nichtbergleute daran – häufig auch im Auftrag von Kommunen -  diese mit primitiven senkrechten oder schrägen Schächten und Stollen aufzuschließen. Die kleinen Arbeitsgruppen oder Gesellschaften mussten bald Abbauverträge mit den zuständigen Großzechen abschließen, wie  mit der noch fördernden Zeche Gottessegen. Für Wiendahlsbank war die Gelsenkirchener Bergwerks AG (GBAG) zuständig, heute E.ON. Was die nahen Städte und Betriebe nicht abnahmen, wurde sogar zum Beispiel von bayrischen Lkws abgeholt.

Vor allem wegen der Koreakrise kam 1952 aus den Kleinzechen die höchste Jahresförderung von 1,9 Mio. t, was 1,6 % der Ruhrförderung oder der Förderung einer Großanlage entsprach (F. Hollmann: Glückauf 1966, S. 1330ff.).

Wie Joachim Huske ermittelte, waren von 1947 bis 1976 insgesamt 868 Kleinzechen in Betrieb. Nicht alle brachten wirtschaftlichen Erfolg und wurden schnell wieder verlassen. Mit „Egbert“ in Witten schloss 1976 die letzte.      


       
Abb. 75: Die Kleinzechen südlich von Kruckel, an der Stadtgrenze zu Witten.
(Stadtplan Dortmund vor 1960/Tilo Cramm)
  
Die Bergleute dieser Kleinzechen besaßen außer ihrer Muskelkraft kleine Dieselmotoren zum Antrieb der Druckluftkompressoren für Abbauhämmer und eines Haspels zur Hebung der Fördergefäße in den meist im Flöz niedergebrachten tonnlägigen (schrägen) Schächten.

Natürlich gab es in der Kohlennot nach 1945 auch bei Kruckel einige Kleinzechen (siehe auch Matthias Dudde, „Der Steinkohlen-Kleinbergbau nach 1945 am Beispiel der Dortmunder Kleinzechen“ in Beiträge zur Geschichte Dortmunds und der Grafschaft Mark 2015).

Details zu den Kleinzechen der vorigen Abbildung:

1 Tiefendorf
1952 Inbetriebnahme, Abbau von Flöz Dickebank und Sonnenschein (?) im Ausgehen der Flöze im Grubenfeld Ardey und Wiendahlsbank. Besitzer waren nacheinander Alois Schmidt, Willy  Schmiedeskamp und Karl Ernst Schneider. Abbau zuerst durch Schürfgräben (Dudde), dann  mindestens drei Schächte, 1952 maximale Förderung von 11 156 t, 1955 3 833 t, Belegschaft bis 24 Mann, Stilllegung 1956 nach einem Wassereinbruch.

      
Abb. 76: Tagesanlage der Kleinzeche Tiefendorf 1956.
(Dudde, Huske, Archiv Hans-Jürgen Lewer)
   
2 Imberg/Persebeck
Der Steinbruchbesitzer Theodor Imberg aus Bochum betrieb 1957 im Ausgehenden des Flözes Dickebank die nach ihm benannte Kleinzeche nur ein Jahr . Mit 12 Mann förderte er über 5 600 t Kohlen (Dudde). Südlich vom Krummehof im alten Ortskern von Persebeck wurde 1958 mit einem Schrägschacht nach Flöz Dickebank geschürft, die Arbeiten wurden ohne Erfolg bald eingestellt (Ulrich Merkel).

      
Abb. 77: Flözriss Dickebank der Zeche Wiendahlsbank mit Einzeichnung des Abbaus der Kleinzechen Tiefendorf und Imberg/Persebeck. Oben links möglicherweise vier Schürfgräben auf Flöz Sonnenschein.
(Archiv Hans-Jürgen Lewer)

3 Gute Else
1951 Inbetriebnahme durch Josef Nymphius, eingeschränkter Betrieb ab 1955 durch Josef Müller, der in Großholthausen 1951-1954 mit einem Stollen die Kleinzeche Müller betrieb, deren genaue Lage unbekannt ist und in der ehemaligen Glashütte Kruckel Bäckereimaschinen produzierte. Es bestanden mindestens vier Schächte, davon einer direkt östlich der Glashütte. 1952 maximale Förderung von 4 640 t mit 32 Mann. Stilllegung 1959.

      
Abb. 78: Einzeichnung des Abbaus durch die Kleinzeche Gute Else im Flözriss Girondelle 3. Ein Förderschacht lag direkt östlich des Glashütte Kruckel nördlich der Rheinischen Bahn.
(Archiv Hans-Jürgen Lewer)

4 Schwarze Pferd & Unbewußt
Wenig gebautes Längenfeld 1884-1833, als Kleinzeche 1950-1953 wieder in Betrieb durch verschiedene Unternehmer, zuletzt durch Scharpey und Miermann. 1951 maximale Förderung von 4 252 t mit 24 Mann.

5 Engehausen und Jungblut & Neubert
Joachim Engehausen aus Wattenscheid betrieb 1951/1952 die Kleinzeche Engehausen im Grubenfeld von Schwarze Pferd & Unbewußt. 1951 förderte er mit 24 Mann 3 206 t. Dann Verkauf an Hans Jungblut und Ernst Neubert für 20 000 DM. Umbenennung in Jungblut & Neubert, kaum Betrieb und Stilllegung nach Tagesbrüchen.

6 Auguste
Vorgängerzeche vermutlich Augusta im Hördischen, Betrieb von 1777 bis ca. 1796. Erneute Betriebsaufnahme im Geviertfeld Auguste 1922 durch Teufen von zwei 75 bzw. 80 m langen Schrägschächten, 24 Mann. 1924 Erwerb durch das Elektrizitätswerk Mark, Teufe des 160 m langen Schrägschachtes 3 und Förderbeginn mit 44 Mann. 1940 maximale Förderung von 16 923 t mit 59 Mann. 1943 Stilllegung. 1954/1955 Anpachtung bzw. Erwerb durch die Zeche Gottessegen, erneuter Betrieb wohl bis zur Stilllegung von Gottessegen 1963.

      
Abb. 79:  Zeche Auguste.
(Archiv Hans-Jürgen Lewer)

7 Bentenbank
Besitzer Heinrich Paschen jr. Aus Hattingen, dann August Stermann au Mettlingen bei Ibbenbüren, Bentenbank GmbH aus Reckenfeld, Kreis Steinfurt und zuletzt Heinrich Schlick KG Reckenfeld. 1952-1957, 1955 maximale Förderung 2 190 t mit 15 Mann.
      
Abb. 80: Kleinzeche Bentenbank um 1955
(Archiv Hans-Jürgen Lewer)

8 Vereinigte Berg Zion, auch Hagen genannt
1866, vor 1886 und 1925 genannt. 1935 Wiederinbetriebnahme mit Schacht Hagen, 1936 mit 8 Mann 932 t Förderung, 1937 Stilllegung.

1951 Wiederinbetriebnahme durch die Westfälische Cementsack-Centrale Beckum. Teufen   eines 55 m langen Schrägschachtes, Förderung 1 667 t mit 47 Mann. 1952 Stilllegung und  Übernahme durch die Firma Hoffmann Westerkappeln, die die Stilllegung im selben Jahr endgültig vollzog.
    Abb. 81: Restgebäude der Kleinzeche Vereinigte Berg Zion 1987.
(Archiv Hans-Jürgen Lewer)
Wie in Kruckel wurden auch in der Großholthauser Mark und in der Umgebung von Löttringhausen nach 1945 Kleinzechen errichtet.

© Helmut Kaufung 2024
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